Warum Soziologie politisch ist – und darum wichtig für die Soziale Arbeit
Shownotes
«Soziologie ist ein Kampfsport», beschrieb der Soziologe Pierre Bourdieu einmal sein Selbstverständnis als Wissenschaftler. Was er damit meinte: Mit ihr werden vorherrschende Meinungen hinterfragt, wird Stellung bezogen, es findet Einmischung in Debatten statt.
Und wie sehen das Peter Streckeisen und Garabet Gül, die an der ZHAW Soziale Arbeit die Studierenden in Soziologie unterrichten? Ihr Gespräch klingt weniger nach einer Kampfansage als nach einer leidenschaftlichen Einladung in ein Fach, das Sozialarbeitenden viel nützen kann. Wie das geht: Soziologie untersucht, wie soziale Probleme entstanden sind, welche die Soziale Arbeit lösen will. Oder sie dient Sozialarbeitenden als kritischer Spiegel zum Nachdenken über die eigene Praxis.
Diese Episode haben wir anlässlich des Semesterstarts aufgezeichnet. Aber auch Fortgeschrittene dürften hier einige Anregungen finden.
Welchen Stellenwert hat Soziologie in eurem (beruflichen) Alltag? Schreibt es in die Kommentare.
In dieser Episode erwähnt:
- Kathrin Aghamiri, Anja Reinecke-Terner, Rebekka Streck & Ursula Unterkofler (Hg.). 2018. Doing Social Work. Ethnografische Forschung als Theoriebildung. Verlag Barbara Budrich
- Friederike Alm, Aranka Benazha, Vicente Pons Marti & Markus Rudolfi. Was ist eigentlich Public Sociology? Talk Social Science to Me (11.02.2022). Podcast mit Stephan Lessenich
- Ulrich Bröckling, Susanne Krasmann & Thomas Lemke. 2024. Glossar der Gegenwart 2.0. Suhrkamp Verlag.
- Pierre Carles. 2008. Soziologie ist ein Kampfsport: Pierre Bourdieu im Porträt. Suhrkamp Verlag. DVD-Video & Booklet.
- Stefan Lessenich. 2008. Die Neuerfindung des Sozialen: der Sozialstaatz im flexiblen Kapitalismus. Verlag Transcript.
- Dorothy E. Smith & Alison Griffith. 2022. Simply Instititional Ethnography: Creating a Sociology for People. University of Toronto Press.
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Transkript anzeigen
00:00:00: Menno: Hallo zusammen, ich bin Menno Labruyere. Das ist der Podcast «Sozial» von der ZHAW Sozialer Arbeit. Ich weiss nicht, wie es euch geht, aber ich brauche manchmal Perspektivenwechsel, wenn ich aus dem Alltag ausbrechen möchte und alltäglich neu denken möchte Und dafür wende ich mich nicht an meinen Arzt oder den Apotheker, nein, dafür wende ich mich an Gari und Peter.
00:00:23: Denn das sind unsere Soziologen aus Leidenschaft. Sie forschen und dozieren hier an der ZHAW Soziale Arbeit. Und die beiden erzählen uns jetzt, wieso Soziologie für die Soziale Arbeit eigentlich wichtig ist und was soziologisches Denken mit dem eigenen Berufshabitus machen kann Viel Spass beim Zuhören.
00:00:45: Ich übergebe jetzt das Wort an Gari und an Peter.
00:00:55: Nachdenken und Handeln in sozialer Arbeit.
00:01:06: Peter Streckeisen: Hoi Gari. Hoi Peter. Du, ich freue mich drauf. Heute reden wir über Soziologie. Wir unterrichten ja schon so lange zusammen eine Soziologie und heute haben wir mal die Gelegenheit darüber zu sprechen, was wollen wir überhaupt damit? Die erste Frage, die ich dir stellen würde ist, was verstehst du unter Soziologie?
00:01:24: Wie würdest du das definieren? Ja, das ist schon
00:01:26: Garabet Gül: mal eine erste, nicht ganz einfache Frage. Da könnte man ganz viel dazu sagen und Unterschiedliches dazu sagen. Und ich bin selber auch nicht so ein Freund von präzisen, genauen Definitionen und ich denke, es ist auch schwierig, Soziologie ganz präzise und genau zu definieren, aber so ganz generell eine bestimmte, spezifische Art und Weise, sich mit gesellschaftlichen Fragen, mit dem menschlichen Zusammenleben mit dem sozialen Zusammenleben zu beschäftigen.
00:01:58: historisch empirisch ein bisschen konkreter, Ich würde sagen, es ist eine wissenschaftliche Disziplin, also eine systematische Art und Weise, methodisch angeleitete Art und Weise, sich mit modernen Gesellschaften mit kapitalistischen Gesellschaften auseinanderzusetzen, also mit der Struktur und Prozessen von kapitalistischen Gesellschaften.
00:02:20: So würde ich das sehr allgemein mal bestimmen.
00:02:24: Peter Streckeisen: Überzeugt dich das? Ja, das ist interessant. Wir kommen eigentlich zwei Sachen in den Sinn bei dieser Definition. Wir kommen immer das in den Sinn, was Bourdieu mal gesagt hat, dass die Soziologie ein Kampfsport ist. Und das ist im ersten Moment vielleicht überraschend so als Definition.
00:02:42: Was als gut oder als schlecht gilt. Und die Soziologie gibt einem Möglichkeiten oder Instrumente, um sich in diese Auseinandersetzungen einzubringen So meinte er das mit dem Kampfsport.
00:03:10: Vielleicht kennst du das Bild aus dem Monty-Python-Flying-Circus, wo die Philosophen Fussball spielen. Und Marx geht in Angriff mit seiner Kapitalismustheorie. Nietzsche verteidigt sich mit seinen Überlegungen zu Machtverhältnissen. Es ist wie im Kampfsport, es gibt doch auch Regeln, es ist nicht alles erlaubt.
00:03:34: des Zusammenlebens, der sozialen Beziehungen Und wenn jemand so ein Bewusstsein entwickelt hat, das ausgereift ist und so, dann kann man sagen, ja, das ist wie eine Art von Soziologie.
00:04:12: Und sie hat auch darauf eingewiesen, dass eigentlich alle Menschen so ein Bewusstsein entwickeln, auf unterschiedliche Art und Weise, je nachdem, was ihr Leben ist. Was ihre Position in der Gesellschaft ist. Andererseits haben nur wenige Menschen die Möglichkeit, Soziologie zu machen, so als Beruf, oder dass es als Soziologie anerkannt wird.
00:04:33: arbeiten, wenn man das nicht reproduziert oder wie es uns gelingt, sozusagen die Erfahrung und Sichtweise von diesen Menschen und das ist ja die überwältigende Mehrheit von Menschen, die eben nicht Soziologin oder Soziologen sind, wie wir das in unsere Soziologie aufnehmen und einflussen lassen.
00:05:16: Garabet Gül: Der Begriff Kampfsport geht in der Soziologie auch mit unterschiedlichen Perspektiven auf Gesellschaft, Verständnis von Gesellschaft, Verständnis von sozialem Zusammenleben. Auch miteinander in die Diskussion zu kommen oder miteinander auch zu streiten, aber fair, anhand gewisser Regeln. Der Streit um unterschiedliche Definitionen gehört auch dazu und wir sehen auch schon bei uns zwei jetzt, dass die Frage auch unterschiedlich angegangen wurde, vielleicht auch unterschiedlich beantwortet ist und jetzt könnte man sich natürlich fragen, Irgendwie wäre es nicht besser, wenn man sich so auf eine Definition einigen könnte Das würde nicht helfen.
00:05:57: Soziologie wahrscheinlich nicht gut oder generell für die Wissenschaft nicht gut, weil so eindeutige klare Definitionen das wäre wahrscheinlich nicht im Sinn eines lebendigen wissenschaftlichen Diskurses Und in der Soziologie sowieso nicht, weil wir stellen ja die Soziologie auch hier im Paradigmatische Disziplin vor.
00:06:22: Das heisst es gibt in der Soziologie verschiedene theoretische, methodische Paradigmen, die miteinander im Austausch stehen, die manchmal auch gar nicht miteinander einverstanden sind, aber das hat Raum für einen Kampfsport. Das Austragen dieser Kämpfe Und da gehört eben auch dazu, dass wir im Soziologieunterricht verschiedene Perspektiven vorstellen, Definitionen und Begriffe.
00:06:47: und weniger Wissen und Definitionen vorgeben und die Studierenden dann auswendig lernen, damit sie die Prüfung bestehen.
00:07:08: Ich denke, das ist sicher eines der wichtigen Anliegen, die wir auch mit dem Soziologieunterricht verbinden. Weil wenn wir sagen, es gibt unterschiedliche Perspektiven Positionen der Soziologie, haben auch wir zwei unsere Positionen und ich denke es ist wichtig, Dass die Studierenden wissen, was wir in der Soziologie verstehen oder vielleicht auch, was die politischen Implikationen von unserer soziologischen Arbeit sind Ich denke, Transparenz ist sehr wichtig, um auch miteinander in den Dialog zu kommen, damit sie auch wissen, wovon wir stehen.
00:07:41:
00:08:00: Wir sind auch häufig in einer Situation, wo wir merken, dass vielleicht viele Studierende auch das eigentlich möchten, dass wir ihnen einfach sagen, so, das ist jetzt die Definition. Und es ist sicher so, dass man so wichtige Definitionen kennen muss Man muss wissen, wie wird ein Begriff verstanden. Aber aus unserer Sicht ist es eigentlich noch wichtiger zu verstehen, wie Auseinandersetzungen um Begriffe geführt werden und wie es möglich ist, sich reflektiert zu positionieren oder eben in diese Auseinandersetzungen einzugreifen.
00:08:29: Aspekte kritisch reflektiert werden müssen.
00:09:02: Das ist die Perspektive, die wir im Unterricht vermitteln möchten Genau mit dem, was du gesagt hast. Wir möchten auch verstehen, dass die Sichtweise, die wir nachlegen, auch immer nur eine von Verschiedenen möglichen Sichtweisen ist. Aber kannst du mir eigentlich einmal sagen, warum du der Meinung bist, dass es wichtig ist, dass sich Studierende in der sozialen Arbeit mit Soziologie auseinandersetzen?
00:09:29: Garabet Gül: Generell was ich wichtig finde zu einem Beitrag zur Entwicklung eines kritischen Professionsverständnisses, und wenn man es jetzt vielleicht etwas konkreter, inhaltlich sagen möchte zuerst einmal, Sozialarbeitende oder Personen, die sich für das Studium entscheiden, haben schon ein Bewusstsein, Für soziale Ungleichheiten, für soziale Probleme, für Unterschiede zwischen Arm und Reich usw.,
00:09:53: die Studierenden für soziale Ungerechtigkeit. Das Bewusstsein bringt es schon mit. Wir können dazu beitragen, das systematischer zu erfassen. Meine Erfahrung ist dass wenn es um die Vermittlung materieller Ungleichheiten geht oder wie diese zustande kommen, ist es auch einfacher nachvollziehbar, wie das Leben der Menschen beeinflusst.
00:10:24: Sagen wir Armut oder eine prekäre soziale Position. Was aber ein bisschen schwieriger ist in der Regel ist zu sehen, wie auch über das heraus die Position in der Gesellschaft oder die eigene Sozialisation, die klassenspezifische Sozialisation auch sehr fest das eigene Denken, das eigene Handeln, die eigene Lebensweise auch beeinflussen.
00:10:47: Und das heisst aber auch, dass auch das Leben der Klientinnen dadurch stark geprägt ist.
00:11:05: Ihr Denken, ihr Handeln und ihre Lebensweise ist auch ein Ausdruck einer bestimmten Sozialisation. Das heisst aber auch, wenn sie dann Hilfe oder soziale Arbeit in Anspruch nehmen, sind es Lebensumstände, die sie vorher nicht hatten. Das heisst, sie müssen sich an neue Lebensumstände anpassen, was von ihnen auch erfordert, dass sie ihr Denken, ihre Verhaltensweise an neue Situationen anpassen.
00:11:33: Und das ist in der Regel nicht immer ganz einfach. Und damit man in dieser Situation vielleicht nicht das Problem individualisiert, oder gewisse Sachen auf individuelle Verhaltensweisen zurückführt, Kann es helfen, ein Verständnis für die gesellschaftliche Dimension der Situation der Menschen zu Damit kann man verhindern, soziale Probleme nicht zu individualisieren.
00:11:55: Das ist sicher auch ein Anliegen ein generelles, das ich im
00:11:59: Unterricht
00:12:00: Garabet Gül: vermitteln.
00:12:01: Peter Streckeisen: Du hast vor allem gesagt, du möchtest Die Studierenden dabei unterstützen ein Verständnis, ein Wissen Analysen zu haben über die Gesellschaft, über die Menschen in dieser Gesellschaft, gerade auch die Adressatinnen oder Klienten mit denen sie zu tun haben.
00:12:15: Aber was mir auch noch sehr wichtig ist, was ich auch vermitteln möchte ist, dass sie sich auseinandersetzen mit sich selber und mit ihrer Profession Mithilfe der Soziologie ist es möglich, ganz viele tiefgehende spannende Analysen zu machen über die soziale Arbeit als Profession. Eine Profession ist immer auch ein Beruf, der sich als einen höheren Beruf versteht Ausbildung voraussetzt.
00:12:42: Alltagspraxis. Die Interaktionen mit Klientinnen und Klienten oder wie reden sie über Adressaten in der Kaffeepause, wenn sie nicht da sind.
00:13:09: Das ist auch etwas Professionssoziologie, also die Fragen, die sich da stellen. Es gibt eine berühmte Formulierung von Sigmund Baumann, die sagt, die Profession ist ein System von Lösungen auf der Suche nach Problemen Das heisst der Baumann hat einfach das genau umgekehrt was die Professionen über sich selber sagen.
00:13:28: Die sagen, dass sie da sind, um die Probleme der Leute zu Und er sagt, die Professionen die Professionellen, die haben ihre Lösungen und suchen Leute, wo man sozusagen diese Lösungen an die Frau und an den Mann bringen kann. Er dreht das wie um und das ist doch ein kritischer Blick, der zum Beispiel die Frage aufwirft Ob Sozialarbeiter, die nicht immer einfach Ausschau halten nach Leuten, die hilfsbedürftig sind oder wenn sie Methoden haben zur motivierenden Gesprächsführung gehen sie davon aus, dass das Gegenüber Motivation braucht oder so.
00:13:57: die Profession Und auch das Über-die-Schulter-Schauen, Studien, die schauen, wie die im Alltag mit Adressaten und Adressatinnen umgehen Und da braucht es vielleicht auch einen kritischen Spiegel. Die Machteffekte, die es gibt, vielleicht manchmal auch gewisse Arten von Nicht-Ernst-Nehmen oder Herabwürdigung von Adressaten und Adressatinnen, kann man dann so analysieren Das ist mir sehr wichtig, also der kritische Blick und die Selbstreflexion von der Profession.
00:14:27: Dabei sage ich aber immer, dass wir als Soziologen oder Dozierende wir sind genauso auch in dem drin. Ich bin auch als Dozent oder als Soziologe halte ich Ausschau nach Leuten, die Soziologie brauchen. Ich gehe davon aus die Studierenden kommen zu uns, weil sie etwas lernen müssen Wenn ich hier einen Schritt zurücktrete und über unsere eigene Tätigkeit nachdenke könnte ich einfach sagen, die Studierenden wollen als Sozialarbeitende arbeiten, dafür brauchen sie ein Diplom und machen, was wir von ihnen verlangen.
00:14:57: soziologische Blick kann auch helfen, über die eigene Arbeit nachzudenken. Oder es gibt nochmals einen Schlüsselbegriff, den wir häufig verwenden. Der ist ein bisschen schwierig auf Deutsch zu übersetzen. Der «Street Level Bureaucracy» von Michael Lipsky. Also die Angestellten von Verwaltungen im direkten Kontakt mit den Klientinnen und Klienten auf Strassebene, auf «Street Level».
00:15:24: Und wir als Dozierende sind genauso «Street Level Bureaucracy» wie die Sozialarbeitenden auch, wie Polizistinnen, wie andere Staatsangestellte, die in direkten Klientinnenkontakt haben. Und wir sind in den gleichen Dilemmata drin, wir müssen genauso kritisch mit unserer Arbeit umgehen. Wir haben hochfliegende Vorstellungen, wir möchten, dass die Studierenden die Gesellschaft kritisch anschauen.
00:15:50: selber als Profession nachdenken ist eben etwas, das wir auch für uns selber nutzen können um unsere eigene Tätigkeit zu reflektieren Im Rahmen der Fachhochschule.
00:16:10: Mir ist es wichtig, das anzusprechen, weil ich möchte nicht vorne stehen vor den Studierenden als Dozent und von oben herunterreden und sagen «so, bitte denkt mal kritisch über euch nach als Sozialarbeitende was ihr da macht», sondern ich möchte den Studierenden zeigen, dass ich das mit mir selber und mit meiner eigenen Profession oder Berufsgruppe auch machen kann.
00:16:31: Garabet Gül: Ich würde sagen, wir sind Street-Level-Bürokraten im Vergleich zu der sozialen Arbeit. Wenn wir unseren Studenten nicht helfen, das ist einer der zentralen Unterschiede zwischen Soziologie und sozialer Arbeit. Oder würdest du sagen, wir wollen ihnen auch helfen? Oder helfen zur Selbstreflexion? Oder klingt das schon wieder so paternalistisch?
00:16:50: ja behaupten, es ist wichtig, dass sie etwas von Soziologie verstehen. Und wir sind ja auch davon überzeugt. Sonst wären wir nicht Soziologen.
00:17:07: Ganz ehrlich, Gary, wenn ich ehrlich zu mir bin, muss ich sagen, Ich finde es wichtig, dass die Sozialarbeitenden Soziologie lernen, weil ich Soziologe bin. Ich bin überzeugt davon, dass Soziologie etwas Wichtiges und Wertvolles ist. Und ausserdem würde es mich sonst ja da gerne brauchen.
00:17:23: Garabet Gül: Ich kann da nur anschliessen ich würde sogar sagen, wenn ich vielleicht nicht liebe, ich habe sehr viel Leidenschaft für soziologische Theorie.
00:17:31: das sicher geprägt.
00:18:00: In der Lehre gab es Streiks und so, das hat mich auch mitpolitisiert. Und das Ganze hat dazu geführt, dass ich eine linke kapitalismuskritische Perspektive entwickelt habe. Diese Perspektive hat sich dann mit der Zeit auch etwas verfestigt. Ich habe eine Erwachsenenmatur gemacht, mit dem Ziel studieren zu.
00:18:20: Und da hat es sich dann so ergeben, dass ich gedacht habe, ich will mich mit dieser Gesellschaft mehr auseinandersetzen. Ich will mehr über Gesellschaft verstehen, über Ungleichheit, über Klassengesellschaft. Und auch meine Rolle, meine Position in dieser Gesellschaft. Also, dass ich überall zur Soziologie gekommen bin.
00:18:36: Und heute würde ich sagen, an meiner politischen Einstellung Die ist mir irgendwie gleich geblieben, relativ stabil. Aber ich denke, wenn ich heute Gesellschaft kritisiere oder gesellschaftskritisch argumentiere, ist das primär soziologisch, analytischer und auch selbstkritischer, würde
00:18:55: bezogen hast.
00:19:00: Es ist so ein Unterschied von der sozialen Herkunft. Ich bin in einer Ärztefamilie auf dem Land, Aufgewachsen in der Ostschweiz und so und wirklich keine andere soziale Herkunft als du. Und trotzdem denke ich dass natürlich diese Biografie auch mich geprägt hat, mit meinem Interesse für Soziologie, aber vielleicht anders und manchmal auch auf überraschende Art und Weise.
00:19:22: Ich habe mich häufig damit beschäftigt. Ich stelle fest, alles, was mit Ungleichheiten im Zusammenhang mit der Schule zu hat bringt mich auf die Palme. Das finde ich so schlimm. Jetzt könnte man denken, vielleicht ist das, weil Peter immer der schlechteste Schüler war. Aber ich war der beste Schüler in der Primarschule.
00:19:39: bin auf dem Land aufgewachsen und als junger Erwachsener fand, so schnell wie möglich weg von hier, das ist mir alles Zu konservativ, zu eng und so.
00:20:09: Und später habe ich gemerkt, dass es mich angefangen hat zu ärgern, wenn Leute aus dem urbanen Milieu, mehr oder weniger, die sich als sehr progressiv ja der Linke verstehe ich, so hinschauen auf die Leute auf dem Land, wie die konservativ und ewig gestrig sind. Da habe ich gemerkt, du bist ja von dort gekommen, hast auch so auf dich hinschauen, das geht eigentlich nicht.
00:20:29: Heute kann ich das nicht mehr vertrage ich das nicht mehr, heute bin ich sehr Ein wenig sensibel oder übersensibel, wenn es um so Ungleichheiten zwischen Land, Stadt und Land geht. Und das hat ja sicher auch mit meiner Biografie zu tun. Man kann das nicht ableiten, oder? Man könnte es auch zu anderen Haltungen oder Positionierungen führen, aber natürlich hat es etwas damit zu tun mit meiner Biografie.
00:20:49: Biografie oder? Aber manchmal ist es auch nicht ganz einfach, einen kleinen kühlen Kopf zu behalten, wenn man merkt, bei diesem Thema geht es eigentlich auch um mich und um meine Lebensgeschichte.
00:21:09: Und das kommt oft vor, wenn man Soziologie betreibt.
00:21:16: Garabet Gül: Ich fand das jetzt interessant, was du gesagt hast, dass man eben aus Ausgehend von unterschiedlichen Biografien kann man sich anfangen, über die Gesellschaft zu empören. Unter anderem eben so Sachen wie, dass man von oben nach unten schaut. Zum Beispiel Städter nach oben schauen auf Menschen auf dem Land.
00:21:34: machen, dass ich dort nicht so ernst genommen werde.
00:22:05: Dass die Menschen auf mich schauen, gerade auch weil ich nicht aus einem Akademiker-Innenhaushalt gekommen bin. Das hat mich beschäftigt aber ich habe mich dann nicht gegen das gefehlt, was ich gemacht habe. Ich wollte mich dem anpassen. Ich wollte dazugehören und habe angefangen mich von dem abzugrenzen, was ich quasi war.
00:22:28: Und da habe ich selbst auch von oben heruntergeschaut, damit ich bei diesen quasi oben dazugehöre. Und das ist so eine sehr ambivalente Dynamik die mir geholfen hat, jetzt auch mit Soziologie etwas besser zu verstehen. Und es hat auch etwas Selbstermächtigendes gehabt. Ich stehe viel mehr dazu, zu meiner Vergangenheit.
00:22:47: trotz eines sogenannten sozialen Aufstiegs wie schwierig das ist, sich auch den neuen Umständen anzupassen.
00:23:07: Das kann, denke ich, auch helfen, so einen Blick auch über Sozialarbeit und auf das eigene Leben, auf die eigene Biografie, auch im Verhältnis vielleicht auch zu Klienten Weil da bestehen auch gewisse Machtverhältnisse, dass man vielleicht auch diese Machtverhältnisse reflektieren kann und schauen kann, wo das eigene Denken oder die eigene Biografie eine Rolle spielt.
00:23:30: Ich denke, es ist unvermeidlich, dass man manchmal von oben nach unten schaut. Das ist, denke ich mal, unvermeidlich zum Teil, aber man kann es merken und reflektieren und versuchen zu verstehen Wieso, dass man vielleicht auf andere Menschen nach oben schaut? Wir
00:23:46: Peter Streckeisen: verwenden hier den Begriff der Habitussensibilität, dass das wichtig ist für Sozialarbeitende die Interaktion in der Arbeit mit Adressaten und Adressatinnen.
00:23:55: Habitus. Und du hast gesagt, nach oben schauen. Manchmal ist es aber einfach so, dass einem jemand vielleicht Unsympathisch ist oder das Sozialarbeitende vielleicht jemanden nicht versteht oder das Gefühl hat, ich verstehe diese Person nicht.
00:24:13: Und das kann mit diesem Habitus zu tun haben. Und ich meine, das oben runterzuschauen das haben wir ja vorher gesagt, die soziale Arbeit ist ein höherer Beruf, eine Profession. Die Sozialarbeitenden, objektiv gesehen, schauen runter, auf ihre Adressaten und Adressatinnen. Wenn sie das nicht wollen, meistens sind sie in einer höheren sozialen Position Ich glaube, das verweist auf einen Punkt, an dem wir uns ziemlich gleicher Meinung sind, nämlich dass wir sagen, dass Wissenschaft und Politik viel miteinander zu tun haben.
00:24:44: Autonomie braucht Transparenz, Nachvollziehbarkeit und so weiter.
00:25:05: Aber eine Wissenschaft hat immer mit Politik zu tun und Soziologie ist sehr politisch in diesem Sinne, weil sie immer auch Auswirkungen hat und reagiert auf gesellschaftliche und politische Auseinandersetzungen. Die Studierenden haben manchmal das Gefühl, die Soziologie ist eine politische Wissenschaft, vielleicht ist sie ja gar nicht so objektiv und neutral, aber unserer Meinung nach haben alle Wissenschaftler etwas mit Politik zu tun.
00:25:30: Es gibt aber gewisse Wissenschaftler, die Politik und Gesellschaft Wegdefiniert haben oder aus ihrem Untersuchungsbereich entfernt haben und das Gefühl haben, man könne unabhängig davon Wissenschaft betreiben. Aber z.B. Naturwissenschaften oder technische Disziplinen, die sind nur auf den ersten Blick unpolitisch.
00:25:51: Auseinandersetzungen dahinter Und was kann passieren, wenn wissenschaftliche Arbeit gemacht wird, die sich als völlig neutral und unpolitisch versteht Das sieht man z.B.
00:26:10: bei Phänomenen wie beim Klimawandel. Was das für gesellschaftliche und politische Auswirkungen haben. Da könnte man vielleicht sagen, dass die Soziologie dadurch, dass sie immer schon so das Selbstverständnis hatte, dass eine Disziplin etwas mit Politik zu tun hat, möglicherweise anderen wissenschaftlichen Disziplinen helfen kann und sie dabei unterstützen könnte Über ihre eigenen Zusammenhänge mit Machtverhältnissen, mit Politik und politischen Prozessen nachzudenken, sofern sie das dann möchten oder bereit sind, das zu tun.
00:26:41: Erst recht wissenschaftlich ist, wenn man explizit und reflexiv quasi seine politischen Implikationen der Wissenschaften transparent macht.
00:27:12: Ich denke, diese Transparenz ist wichtig, um aufzuzeigen die Bedingungen der Wissensproduktion. Denn wie wir zu einem Wissen kommen, Dass es nachvollziehbar ist und welche Faktoren dazu geführt haben, dass ich genau so ein Sachverhalt interpretiert habe. Wenn das nachvollziehbar ist, kann rekonstruiert werden, finde ich, ist das eine wichtige Transparenz, die für mich einer der zentralen Werte oder der zentralen Regeln auf diesem Kampfsport ist.
00:27:44: weil in der Regel wird explizit politische Positionierung, wird Ideologie vorgeworfen.
00:28:06: Aber vielleicht das ein bisschen verschwiegen, das könnte man vielleicht je nachdem auch als ideologisch bezeichnen. Und sind wir wieder bei dem Thema, was verstehen wir unter Ideologie oder wie definieren wir einen Begriff? Das möchte ich jetzt gerne als Überleitung dazu nehmen. Die soziale Arbeit im Vergleich zur Soziologie ist eher eine normative Handlungswissenschaft oder Profession Und da stellt sich vielleicht die Frage weniger als bei der Soziologie.
00:28:44: Arbeit gibt. Aber ich denke, so ein offizielles Mandat hat die Soziologie nicht. Das ist eher offen und da gibt es eben auch verschiedene Verständnisse von Soziologie.
00:29:09: Ein wenig politischere und weniger politische. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wenn wir sagen, Politik spielt immer eine Rolle, verfolgen wir auch irgendwelche politischen Ziele als SoziologInnen oder nur analytische? Das könnte man sich jetzt die Frage auch stellen. Was möchte ich in dieser Hinsicht vielleicht erreichen?
00:29:31: Ich denke, mir ist wichtig, dass man dazu beitragen kann Gerade im Hinblick auf soziale Arbeit, dass vorherrschende Sichtweisen, Normen oder Definitionen und Lösungsansätze von sozialen Problemen wie sie heute definiert oder gelöst werden, soziale Probleme, dass man vielleicht das hinterfragen kann Kritisch hinterfragen im Hinblick darauf, was hat das mit Machtverhältnissen zu tun, was hat das mit Ungleichheitsverhältnissen zu tun.
00:29:59: Und ich denke, das meine ich mit politischer Soziologie, Indem sie Macht- und Ungleichheits und Herrschaftsverhältnisse sichtbar macht und auch zeigt, dass es nicht unbedingt so sein müsste. Das ist ein Anliegen von mir. Also über Analysen Sachen sichtbar machen, die dazu beitragen können Sachen zu verändern.
00:30:23: Ich habe keine Lösung, wie man es ändern soll, aber ich will mit dem Wissen soziologischem Wissen dazu beitragen, zu anderen Sichtweisen und Problemlösungen. Das würde ich sagen. Wenn man mich fragt was ist das politische Ziel mit Soziologie?
00:30:41: Peter Streckeisen: Es gab ja in dieser Podcast-Reihe vor kurzem diese Sendung unter dem Thema «Sozialarbeitende müssen links sein».
00:30:49: ähnliche Ergebnis, also das wäre vielleicht eine Diskussion für sich, wir nehmen das mal so So stehen, aber ich finde, du hast zu dem gerade einiges gesagt.
00:31:08: Vieles führt dazu und es gibt natürlich auch empirische Untersuchungen dazu, dass Leute, die Soziologie sich dafür entschieden haben, Soziologie als Beruf oder Professionsbetriebe, viele von denen auch eher linke Einstellungen haben, was nicht unbedingt parteipolitische Positionierungen sein, aber so von einer Haltung her oder so, das ist vielleicht ganz ähnlich sogar wie in der sozialen Arbeit.
00:31:31: Aber ich möchte das noch aufgreifen mit dem Problem lösen. Wir sagen den Studierenden häufig, dass die Soziologie ihre Probleme nicht löst oder die Probleme der Sozialarbeitenden nicht löst. Dann sind sie vielleicht etwas enttäuscht. Aber was meinen wir eigentlich genau mit dem, was wir sagen? Wir meinen eigentlich, dass die Soziologie sich nicht...
00:31:54: Entscheidungen fällen müssen wie sie vorgehen, in dem und dem Fall, was sie priorisieren und so. Die Soziologie gibt ihnen Wissen und Reflexionsinstrumente an die Hand, aber die Entscheidung oder das Abwägen kann die Soziologie ihnen nicht Das meinen wir, wenn wir sagen, die Soziologie unterstützt bei der Auseinandersetzung mit einem Thema, aber kann euch nicht Lösungen liefern.
00:32:24: Die müsst ihr als Professionelle, als Sozialarbeitende selber Entwickeln und entscheiden. Aber wie du gesagt hast, Leute, die Soziologie betreiben, haben sicher auch diesen Antrieb, durch ihre Arbeit etwas dazu beizutragen, dass sich die Gesellschaft, wie sie es auch immer genau verstehen, Aus soziologischer Sicht würde man vielleicht sagen, dass soziale Probleme etwas sind, das nicht gelöst wird oder gelöst werden kann.
00:32:52: werden. Das kann man soziologisch untersuchen, das bringen wir auch in unseren Unterricht und dann sieht man, dass etwas als Das Problem kann thematisiert werden in der Öffentlichkeit. Die Polizei beschäftigt sich damit, ergreift vielleicht Massnahmen.
00:33:16: Die Art und Weise, wie über ein Thema geredet wird, kann sich verändern. In diesem Prozess der Konstruktion und Bearbeitung von sozialen Problemen kommt es manchmal auch dazu, dass das Problem wieder verschwindet und nicht mehr als relevant angeschaut wird. Die Soziologie kann natürlich in diesem Prozess eine Rolle spielen.
00:33:33: Sie kann dazu beitragen, dass etwas als Problem thematisiert wird. Sie kann Wissen bereitstellen, z.B. für Politik und Verwaltung, wenn es darum geht, Massnahmen zu ergreifen. Soziologie kann auch in Zusammenarbeit mit sozialen Einrichtungen oder sozialen Bewegungen die dabei unterstützen, dass sie etwas als Problem thematisieren oder sie dabei unterstützen, in der Art und Weise wie sie Sich für ein Anliegen einsetzen.
00:33:59: Die Soziologie kann heute vielfältig starten und beteiligt sich an der Rekonstruktion und Bearbeitung von sozialen Problemen
00:34:08: Garabet Gül: Da ist mir gerade noch ein Zitat vom deutschen Soziologen Stefan Lessenich im Zusammenhang mit dieser Frage, wie soziale Phänomene oder Sachverhalte problematisiert werden in der Gesellschaft.
00:34:21: Da hat er einmal gesagt, Soziologie ist da, um vorherrschende Problematisierungen zu problematisieren. Quasi ist es ein Problematisierungsinstand von Problematisierungen. Wäre eine Möglichkeit, das auch zu fassen soziologisch Ein bisschen kompliziert, aber so. Ja, aber ich denke... Das eine Möglichkeit, das zu fassen.
00:34:44: Überzeugt dich das?
00:34:45: Peter Streckeisen: Ich finde das ein sehr schönes Beispiel für eine Definition, die die Studierenden auswendig lernen sollten. Oh,
00:34:52: Garabet Gül: okay.
00:34:53: Raum Für das Verständnis einer öffentlichen Soziologie, die sogenannte Public Sociology.
00:35:06: Und wie er betont hat, dass Soziologie eine wissenschaftliche Disziplin ist, die sich einerseits wie jede wissenschaftliche Disziplin auch an andere, an ihre Peers richtet Also Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen forschen und publizieren und richten das an andere. Sozusagen eine Soziologie für SoziologInnen.
00:35:26: Aber die Soziologie ist auch eine wissenschaftliche Disziplin, die sich auch an breites Publikum wenden kann an ein öffentliches Publikum wenden kann. kann Auftragsforschung machen und sie kann Public Sociology machen, im Sinne auch z.B. Zusammenarbeit mit sozialen Bewegungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen.
00:35:43: Soziologe oder eine Soziologe das glaubt. Ist das ein Beispiel für Selbstillusionierung oder ist es eine Selbsttäuschung?
00:36:07: Das hat Stefan Lissenich auch ganz explizit so benannt
00:36:11: Garabet Gül: Ein Beispiel von diesen verschiedenen Soziologien, wir haben auch zusammen eine Untersuchung gemacht im Bereich soziale Integration im Auftrag des Staatssekretariats für Migration und dann haben wir auch vorschlagen statt von sozialer Integration von gesellschaftlicher Teilhabe zu sprechen.
00:36:27: Oder das ist auch so ein Vorschlag, wo man vielleicht sagt, man sollte etwas nicht als Integrationsproblem problematisieren, sondern eher aus der Perspektive von gesellschaftlicher Teilhabe anschauen. Das wäre jetzt vielleicht so ein konkretes Beispiel, was Soziologie leisten kann. Zum Beispiel im Hinblick auf Sachen anders anschauen.
00:36:47: Um Sachen anders zu anschauen, braucht es in der Regel auch andere Begriffe dafür, wo es eine andere Sicht auf die Sachen gibt.
00:36:55: diskutiert in der Schweiz und auch Politik entwickelt, wäre es vielleicht auch mal wichtig, die Menschen zu fragen, wo es dann um sie geht, sozusagen.
00:37:09: Also wenn es um Integration von Geflüchteten geht, wäre es vielleicht wichtig, einmal Sichtweise und Erfahrungen von diesen Menschen zu erheben. Das heisst, wenn man das will, es kann auch häufig eine Strategie sein, dass man etwas reproblematisiert, indem man versucht, Sichtweise und Erfahrungen von Menschen zu Die normalerweise ausgeschlossen sind von der Wissenschaft, der Öffentlichkeit und der Politik.
00:37:29: Dafür stellt die Soziologie ein Instrument bereit, das einzuspeisen in die politische Diskussion über Integration oder gesellschaftliche Teilhabe
00:37:43: Garabet Gül: Genau, das hat ja auch etwas Selbstermächtigendes, was natürlich auch im Zusammenhang mit der sozialen Arbeit natürlich auch sehr relevant ist.
00:37:52: Peter Streckeisen: Vielleicht kommen wir hier langsam zu einem Schluss.
00:37:54: Jetzt geht es wieder los. Was wünschst du dir für unseren nächsten Soziologie-Unterricht
00:38:07: Garabet Gül: Ich glaube, da halte ich mich jetzt am Schluss auch sehr kurz wie am Anfang bei den Definitionen. Ich habe ja vorhin von meiner Leidenschaft erzählt, dass ich das gerne mache.
00:38:18: Das habe ich vielleicht noch ergänzen müssen. Soziologie ist manchmal auch mit Ernüchterung verbunden. Was heisst es, wenn man sich mit der Gesellschaft auseinandersetzt? Die heutige politische Weltlage sage ich jetzt mal sehr plump, sind gewisse Entwicklungen, die auch zu denken gibt, die auch aus kritischer soziologischer Sicht zu denken gibt.
00:38:41: kann kritische Soziologie vermitteln.
00:39:02: Das ist das, was ich mache, was ich kann. Und dann hoffe ich auch, dass es auch Lust weckt, bei den Studierenden mitzumachen. Kritische soziologische Auseinandersetzung mit der Welt, mit der Welt, in wir leben, in der wir arbeiten, in der wir lachen, in der wir weinen, in der wir leiden Und so weiter, genau. Ich denke, das kann man alles soziologisch auch anschauen.
00:39:27: Und wichtig, das haben wir schon ein paar Mal gesagt, ist auch dabei immer seine eigene Position, seine eigene Sichtweise auch immer kritisch im Blick zu nehmen. Das wäre so das, was ich mir wünsche für den Unterricht.
00:39:42: Peter Streckeisen: Das klingt doch gut. Ich freue mich darauf, dass wir das jetzt ein bisschen neu angehen und jedes Mal das Unterrichten ist auch wieder eine neue Erfahrung.
00:39:50: mit ihren eigenen... Eine Biografie z.B. auseinandersetzen. Und ich nehme mir vor, dass ich mich nicht ärgern kann über die, die sich weniger begeistern und die vielleicht die pragmatische Haltung haben und sagen, ja gut, ich will Sozialarbeiter werden, jetzt muss ich das einfach besuchen, was braucht es, damit ich das absolvieren kann und einen Vierer hinbekomme.
00:40:18: Auch für das ehrlich gesagt, müssen wir als gute Soziologen doch Verständnis haben. Ich nehme mir vor, das nicht als Ärgernis vorzunehmen. Das gelingt mir in der Regel relativ gut.
00:40:30: Garabet Gül: Ja, ich finde das wichtig, genau. Das ist ja nicht genau bei diesen Türen. Man kann da versuchen, auch... Vielleicht würde man in der Sozialarbeit sagen, ein adressatinnengerechtes Vorgehen könnte man vielleicht auch sagen.
00:40:44: Peter Streckeisen: Das ist ein Schlusswort.
00:40:47: Garabet Gül: danke vielmals, Peter, für den Austausch.
00:40:49: Peter Streckeisen: Ja, das hat Spass gemacht. Und ich glaube, wir haben auch nochmals etwas über uns gelernt. Ich über mich, ich über dich, du über mich vielleicht auch.
00:40:58: nachdenken was ich gelernt habe.
00:41:01: Peter Streckeisen: Das ist die Deformation professionell.
00:41:03: Wahrscheinlich.
00:41:06: Menno: Gari und Peter, ich danke euch herzlich für dieses spannende, inspirierende, intensive Gespräch. Wie heisst es so schön? Hoffentlich habt ihr nicht nur neue Gedanken gehört, sondern auch neue Fragen gefunden. Und Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, danke fürs Zuhören. Und falls ihr unseren Podcast noch nicht abonniert habt, könnt ihr das jetzt machen.
00:41:30: Tschüss zusammen.
00:41:38: Speaker 2: «Sozial» – ein Podcast der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften Zum Nachdenken und Handeln in sozialer Arbeit.
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